Quelle der Bilder : Archiv BV Inrath
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Die Geschichte
Alles begann im Haus vorne an der Hülser Straße.
Links im Bild ist noch die erste Kirche zu erkennen.
1992 /1994 Auszug aus dem Jubiläumsheft
der über 100 jährigen Geschichte des Klosters
Man muß nur alt genug werden, um viel gesehen und erlebt zu haben. Und darüber
kommt man auch meistens ins Erzählen, vor allem, wenn man einen runden Geburtstag
hat und diesen mit vielen Gästen feiert.
War es schon nicht möglich, vor 2 Jahren das 100-jährige Gründungsfest des Klosters zu
begehen, weil zu diesem Zeitpunkt die Aufhebung bereits beschlossene Sache war, so wollen wir jetzt wenigstens das Kirchenjubiläum feiern.
Seit nunmehr 100 Jahren steht am Inrath eine Kirche, neben Hüls die erste im eigentli-
chen Nord-Westen unserer Stadt. Nur 10 von den 41 katholischen Kirchen Krefelds sind älter, nämlich St. Dionysius, Liebfrauen, St. Stephan und St. Josef in Krefeld;
St. Cyriakus-Hüls, Hohenbudberg und St. Peter in Uerdingen, St. Gertrudis in Bockum,
St. Margaretha in Linn, St. Clemens in Fischeln.
Zusammen mit dem Kloster, als dessen letzte Flügelseite sie 1894 erbaut wurde, erhielt endlich auch der Ortsteil Inrath sein eigenes, längst überfälliges Gotteshaus. Denn das Inrath hatte in der Zeit des ausgehenden Mittelalters mehr Einwohner als die Stadt Krefeld, aber bis 1894 nie eine eigene Kirche, was sich auf die kulturelle Entwicklung dieses Stadtteils wie so vieles andere gewiß nachteilig auswirkte.
Es darf mit Recht gesagt werden, daß wir in diesen Wochen mit unserem Jubiläum nicht nur religiöses Ereignis aus längst vergangenen Tagen feiern, sondern auch einen
historischen Wendepunkt, der die Entwicklung unsres Inrath von einer lose besiedelten Durchgangsstrecke zwischen Krefeld und Hüls zu einem respektablen Außenviertel dieser Stadt entscheidend mit beeinflußt hat. Denn das Kloster und die Kirche gaben damals dem Inrath endlich einen eigenen Mittelpunkt, um den sich neues kirchliches und geselliges Leben ranken konnte, wie es in den Seiten dieser Festschrift lesbar ist.
Doch lassen wir dazu lieber die Geschichte selber sprechen:
Die Entstehung des Klosters und der Kirche
1883 anläßlich einer Stadtmission durch die Kapuziner kam Pfarrer Pauly von Liebfrauen die Idee, die Kapuziner zur Seelsorge im nordwestlichen Außenbezirk seiner Pfarrei anzusiedeln. Die Bevölkerung griff die Idee mit Freuden auf und sammelte unter großen Opfern die 66000 Goldmark zum Kauf des Grundstücks an der Hülser Straße, auf dem noch heute Kloster und Kirche stehen. Der letzte Pfennig war zwar erst 1896 zusammen, aber die Zusage der Gläubigen, diese Summe in 5 Jahren aufzubringen, stand. Die Liebfrauen- gemeinde leistete den Vorschuß zum Kauf, die Kapuziner konnten kommen und das Bauen konnte gleich beginnen.
Am 19. Juli 1892 legte man den Grundstein des Klosters unter der Pforte.
Bereits Ende 1892 war der Straßenflügel fertiggestellt und die Brüder konnten aus der Behelfswohnung im Hause Odenkirchen am 13. April 1893 in diesen ersten Teil
des Klosters Einzug halten. „Im Mai begann der Weiterbau des Klosters…… im Jahre 1893 fertiggestellt der östliche und südliche Flügel; auch wurden die Fundamente der Kirche gelegt“ (Chronik)
Am 8. April 1894 wurde in feierlicher Weise der Grundstein zur Kirche gelegt. Die
Weihe wurde vorgenommen durch den Hochwürdigen Herrn Dr. Hermann Josef Schmitz,
Weihbischof von Köln (vormals Pfarrer von St.Dionys).
In feierlicher Prozession zog der Bischof von der Liebfrauenkirche aus nach dem Kloster,
begleitet von dem gesamten Klerus der Stadt und Tausenden von Gläubigen. An den
Grenzen des den Kapuzinern zugewiesenen Seelsorgsbezirks wurde der Hochwürdige Herr
von den Patres, die mit den Bewohnern des Inrath ihm entgegenzogen, empfangen.
Angekommen am Bauplatz weihte der Hochwürdige Herr den Grundstein und hielt eine
Ansprache an die Tausende, die sich zur Feier eingefunden hatten. Nach ihm hielten noch
Ansprachen R.P. Matthias, Provinzial und Pfarrer Pauly, der an diesem Tage
das 25 jährige Jubiläum als Pfarrer der Liebfrauenkirche feierte.“
Am 23. Dezember 1894 wurde der Bau der Kirche vollendet und an diesem Tage von
Herrn Dechant Lefranc eingesegnet und dem Gottesdienste übergeben. Die kleine Notkirche, die 1891 im Garten hinter dem stadtwärts gelegenen Parkplatz stand, konnte aufgegeben und wieder abgerissen werden. In besonderer Weise hat sich um den ganzen Bau verdient gemacht Herr Pater Höveler, Gutsbesitzer im Benrad, besonders durch beständige Kontrollierung der Baulichkeiten.
Nun war die Kirche fertig, schlicht gesegnet und zum Gottesdienste übergeben. Aber
noch fehlte es an vielen Einzelheiten für die innere Gestaltung, wie die Zeitung Sommer 1895 im folgenden vermerkte.
Das nächste große Ereignis im kirchlichen Leben der Gemeinde war die feierliche
Konsekration der Kirche am 24. August 1895 – wiederum durch den Kölner Weihbischof Dr.H. Josef Schmitz, der im Jahr zuvor den Grundstein gelegt hatte. Über dieses Geschehnis berichtete uns die Tageszeitung unter dem Datum des 24.8.1895
In den nächsten Jahren wurde die Ausstattung der Kirche nach und nach vervollständigt, u.a.durch verschiedene Heiligenfiguren, Bilder und die Stationen des Kreuzweges.
Im Jahre 1900 konnten die noch heute erhaltenen beiden Seitenaltäre mit ihren reichlichen Holzschnitzereien an den seitlichen Stirnwänden aufgestellt werden, ein Werk der beiden Schreinerbrüder Othmar und Rufinus aus dem Krefelder Kloster, denen auch die Ausgestaltung der Sakristei zu danken ist. Die Pieta stammt aus dem Jahre 1902 aus den Händen eines Klever Bildhauers und wurde von einem Frl. Anna Maria Binger für 1200 Mark gespendet . Nachdem bereits 1897 Chor und Altarraum ihre malerische Ausgestaltung erhalten hatten, wurde um Frühjahr 1903 die Kirche ausgemalt. Das große Herz-Jesu-Bild des Hochaltares (im Krieg zerstört) vom Künstler Lamers aus Kleve konnte angebracht werden. 1904 erhielt die Kirche einen neuen Kreuzweg, der alte wurde der neu errichteten St. Anna Kirche überlassen.
Das Altarbild der Hl.Elisabeth – heute im Kreuzgang des Klosters zu sehen – wurde ebenfalls 1904 fertig und dem Seitenaltar eingefügt.
Die Beichtstühle der Kirche stammen aus dem Jahre 1906. Ursprünglich waren sie mit
reichlichen Schnitzereien versehen (siehe Innenansicht der alten Kirche), die später der Angleichung an den nüchternen Stil der wieder aufgebauten Kirche zum Opfer fielen.
Da in der alten Chronik keine weiteren Einträge zu finden sind, können wir davon ausgehen, daß die alte Klosterkirche ihre reichhaltige Ausstattung an Gemälden, Figuren, Altären, Malereien und sonstigem Inventar bereits in den ersten 12 Jahren nach ihrer Errichtung erhalten hat. Daß das möglich war, zeugt von einer großen Liebe der Inrather Gläubigen zu ihrem Gotteshaus, denn Zuschüsse dafür von außen gab es keine. Diese Kirche wurde ganz aus den Spenden der Gläubigen erbaut und eingerichtet.
So lebhaft wie um die Kirche war auch von Anfang an das mitverantwortliche Interesse am kirchlichen Leben. So bildete sich schon bald, – und zwar noch zur Zeit der alten Notkirche-, der Provisorenverein und am 5.3.1893 der kirchliche Sängerchor. (siehe dazu die Geschichte der einzelnen Vereine)
Zum allgemeinen kirchlichen Leben vermerkt die Chronik zum Ende des Jahres 1913.
„Im Jahre 1913 wurden in unserer Kirche 32 000 Kommunionen ausgeteilt.
Missionspredigten wurden 386, sonstige Predigten 456, Exerzitienvor-
träge 170 gehalten.“
Ein großes Ereignis im kirchlichen Leben des Inrath war der Besuch des Kölner Kardinals
Felix von Hartmann, über den die Tageszeitung vom 15. Juli 1914 ausführlich berichtet.
Die Zeit von 1914-1945
Zwei Wochen später brach der lange befürchtete 1. Weltkrieg herein. Das grenznahe Krefeld war voller Militär, bald trug man die ersten Kriegsverwundeten von der Front zurück, das Kloster wurde Militärlazarett.
Anfang des Jahres 1915 riefen die Deutschen
Bischöfe zu einem Sühne-und Gebetstriduum um einen baldigen Frieden auf. Das Völkermorden brachte unsägliches Leid und Not in die Familien. Wie viele Tränen zu den Füßen der Pieta unserer Kirche vergossen wurden, steht in keiner Chronik. Erwähnt ist die Krefelder Fußprozession am 13. August des Kriegsjahres 1916, an der 2700 Pilger teilgenommen haben. Den Krieg überstanden Kloster und Kirche unbeschadet, auch die kurze Herrschaft der Arbeiter-und Soldatenräte, die in Krefeld am 10. November 1918 begann, aber bereits durch den Einmarsch der belgischen Besatzung am 10. Dezember 1918 endete.
Die politischen Umwälzungen, die auf das Ende des Kaiserreichs folgten, machten sich auch schon bald für die Seelsorge am Inrath bemerkbar. Die alten Staatsgesetze, noch zum Teil aus der Zeit des Kulturkampfes – hatten den Ordensleuten eine umfangreiche Betätigung in der Pfarrseelsorge verwehrt.
1920 war endlich der Weg frei, das Einzugsgebiet um das Kapuzinerkloster zu einem
eigenen Seelsorgegebiet zu erheben mit der Bezeichnung Pfarrektorat. Als erster Pfarrektor wurde am Weißen Sonntag von Pfarrer Kaiser von St. Anna Pater Raphael eingeführt.
Die Vermögensverwaltung, das Recht der Trauung, der Taufen und Beerdigungen ver-
blieben jedoch weiterhin bei der Pfarre St. Anna.
An den Bittagen (vor Christi Himmelfahrt) hielt der neue Seelsorgebezirk zum ersten Mal die Bittprozession ab.
Am Himmelfahrtstag des Folgejahres 1921 konnte am Inrath zum ersten Mal
Erstkommunion gefeiert werden. 70 Kommunionkinder zogen mit ihren Lehrkräften in feierlicher Prozession zur Klosterkirche.
Am Weißen Sonntag 5 Jahre später brannte in der Kirche und am Inrath zum ersten Mal elektrisches Licht. Wie es dazu kam, berichtet uns die Chronik: „da die Inrather auch das elektrische Licht wollten, bildete sich zu diesem Zwecke am Inrath ein Komitee. Doch infolge Geldmangels und noch mehr wegen der bekannten Uneinigkeit der Inrather wurde durch das Komitee nichts erreicht. Daher macht P. Guardian auf eigene Faust eine Eingabe an die Stadt…Auf diese Eingabe hin gab die Stadtbehörde endlich nach und erklärte sich zur Lichtanlage bereit unter der Bedingung, daß das Kloster auf eigene Kosten in seiner früheren Schreinerei einen Transformator aufstellt und den Raum der Stadt…überläßt. Nachdem das Kloster das elektrische Licht hatte, tauchte die Frage, auch am Inrath die Anlage herzustellen, neu auf. Die Stadtbehörde gab aber die Erlaubnis nur unter der Bedingung, daß das Kloster die Genehmigung dazu gibt, daß von seinem Transformator das Licht abgezweigt wurde.“
Juli/August 1926 wurde die Kirche restauriert und von der Fa. Josef Hübsch Atelier de
Revue für kirchliche Kunst aus Prag neu ausgemalt.
Unter dem Datum vom 5. Juni 1929 berichtet die Chronik zum ersten Mal von einer
Firmungsfeier in unserer Kirche.
„Im Laufe des Jahres 1930 erhielt unsere Kirche eine andere Orgel, eine Sauer-Orgel, gebraucht, mechanisch, 15 klingende Stimmen, Pedal und 2 Manuale und Wind-
motor. Kosten ca. 3600 Mark, wovon die Rektoratsgemeinde 1500 bestritt. Unsere frühere Tibus-Orgel kam zum Kapuzinerkloster Aachen-Neufriedhof“.
Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten hatte zunächst einmal kaum Auswirkungen auf das Kloster und das kirchliche Leben der Gemeinde. Dennoch spürt man beim Lesen der Chronik eine fast bleierne Stille, man spürt die aufkommenden Düsternisse mehr zwischen den Zeilen. Ab Mitte 1935 werden die jungen Laienbrüder zum Militär geholt, sie fehlen spürbar in den Diensten der Klöster. 1936 holt man die Novizen zum Arbeitsdienst weg, seit Jahresbeginn darf auch nicht mehr Naturalienkollekte gehalten werden.
Ab Sommer 1937 werden die Geistlichen aus den Schulen verbannt, zur gleichen Zeit verfügt das Kriegministerium, daß das Ordenstheologiestudium als solches nicht mehr zur Zurückstellung vom Militärdienst berechtigt. 1938 verlangt die Regierung, daß in Zukunft alle, auch die Ordensleute, die in der Seelsorge tätig sein wollen, wenigstens 6 Semester auf einer staatlich anerkannten Universität studiert haben müssen. Damit ist das Ende der philosophischen Hochschule in Krefeld vorprogrammiert, was ja auch die Absicht der Nazis ist, die Orden von innen her auszutrocknen.
Ebenfalls 1938 versagt die Regierung dem neu ernannten Bischof Dr. Josef Sträter von Aachen die Anerkennung. Er war dem Regime nicht genehm und konnte deshalb nur zum apostolischen Administrater ernannt werden, ein Status, gegen den die Regierung kein Einspruchsrecht geltend machen konnte. Zum Beginn des zweiten Weltkriegs vermerkt die Chronik kurz und lapidar: „Am 1. September begann der Krieg mit Polen. Fast alle Aushilfen wurden abbestellt“. Der Grund: alle jüngeren Brüder, Studenten und Patres wurden nach und nach eingezogen. „am 2. Januar 1940 erhielten wir eine Einquartierung – 14 Soldaten aus Ostpreußen, die erste von ständig neuen Gruppen, die auf dem Weg zum Westfront-Aufmarsch waren. Oktober 40 wird die Haltestelle Kapuzinerkloster in Haltestelle Inrath umbenannt.
Februar 1941 drohte die Aufhebung des Klosters und Umwandlung in ein KDF (Kraft
durch Freude) oder DAF (Deutsche Arbeiterfront) -Heim. Nur die Tatsache, daß man das Haus bei einer Begehung hierfür nicht geeignet, weil zu dürftig eingerichtet fand, verhinderte das. Dafür wurde es erneut mit Soldaten (95 Mann) vollgestopft.
Juni 41 wurden durch Bombenangriffe zum ersten Mal die bleiverglasten Kirchenfenster zerstört. Kaum instandgesetzt fielen sie am 6. August 41 erneut feindlichen Angriffen zum Opfer. In der Folgezeit war Krefeld, das Inrath und Kloster immer häufiger Ziel von Bombadierungen und Zerstörung, bis zum Tag der größten Katastrophe.
Die Gerüste zur Behebung von Kriegsschäden standen noch in der Kirche, als in der
Nacht des 22. Juni um 1.30 Uhr 750 feindliche Maschinen über 2000 Tonnen Brand- und Sprengbomben abwarfen und den nördlichen Teil der Stadt von Hüls bis zum Südwall in Schutt und Asche legten. Für das Klostergebäude ging es mit einigen Brandschäden, die noch unter Kontrolle gebracht werden konnten, glimpflich ab. Doch die Kirche wurde durch Luftminen so zerstört, daß nichts mehr zu reparieren war. Das Gewölbe war eingestürzt, die Einrichtung samt Orgel zerstört. Es stand praktisch nur noch eine Ruine mit nackten Pfeilern, rissigen Wänden, zerknitterten Fensterscheiben.
Der Eingang zur Kirche und Stanzel wurde zugemauert, der Chor hinter der Kirche als
Gottesdienstraum notdürftig hergerichtet. Ein halbes Jahr später, Ende 43 konnte dann nach Abzug einer Militäreinheit das Refektor des Klosters als Notkirche genutzt werden.
Doch auch damit war es am 18. Dezember 1944 zu Ende. Morgens um 6 Uhr fiel eine
Luftmine neben dem Südflügel des Klosters und beschädigte diesen schwer.
P. Dr. Rudolph, der gerade die Frühmesse begonnen hatte, verblutete an den Stufen des Altares.
Nun gab es so gut wie keine heile Stelle im Klosterbereich mehr, um das Weihnachtsfest zu feiern. So baute man unter dem Kreuz an der Pforte die Krippe und einen Notaltar
auf, und feierte mit den Gläubigen in den Fluren des Kreuzgangs die letzte Kriegsweihnacht 1944. Im Neuen Jahr begannen mit Hilfe der Bevölkerung die Ausbesserungsarbeiten. Am 2./3. März 45 zogen die Amerikaner in Krefeld ein und planierten mit den letzten im Klostergarten geretteten Dachziegeln die Bombentrichter auf der Hülser Straße, ein Verlust, der auf Jahre hinaus die regensichere Bedachung des Klosters unmöglich machte.
Da es in den Nachkriegsjahren kaum Baumaterialien gab, gingen selbst Reparaturarbeiten nur langsam voran.
Vom Wiederaufbau bis 1994
Der Wiederaufbau der Kirche begann am 7. Juni 1949, ein Jahr nach der Währungsre-
form durch die Firma Derichs und Konnertz, doch bereits im November ruhten die Bauarbeiten wieder wegen fehlender Geldmittel. „Erst im Juni 1950 kann es weitergehen, da inzwischen ein Wohltäter das Holz für die Kirchendecke gestiftet hat, dennoch gehen die Arbeiten nur langsam voran, einmal gibt es keine Ziegel, dann gehen die Verputzer wie- der weg, dann hat der Architekt wieder keine Pläne fertig. In diesem Jahr ist an eine Fertigstellung nicht zu denken.“
Das Jahr 1951 beginnt, die Kirchenfenster werden an Pitt van Treek in Hüls vergeben, im März wird der Fußboden mit den dunkelgrünen Platten gelegt. Die Arbeiten gehen jetzt zügig voran. Ende April wird das große Kreuz aufgehängt, die Türen eingefügt, die Lampen installiert und 20 Kirchenbänke sind fertig, der neue Tabernakel
(Fa. PelzerKrefeld) ist aufmontiert, der Abschluß zum Klosterchor wird eingesetzt.
Am 3. Mai 1951, dem Fest Christi Himmelfahrt strömen dann zum ersten Mal um 10
Uhr die Menschen in die neue Kirche. Der Hochaltar wird neu konsekriert, der Chor des Pfarrektorates sang eine mehrstimmige Messe, und man merkte ihm die Freude an über die Befreiung aus der Enge der bisherigen Chorkapelle. Pünktlich zum Weihnachtsfest 1951 konnte für 1200 Mark eine schöne Krippe aus Oberkassel angekauft werden, echte Berchtesgadener Schnitzfiguren, bunt bemalt. Als die Krippe an Weihnachten aufgestellt wird, ist die Wirkung sehr gut und wird allgemein anerkannt.
Vom 23. März bis 6. April ist für das Rektorat Volksmission. Die Beteiligung ist, wie in
den Großstädten üblich, ca. 30% Erwachsene.
Sommer 1953 wird unsere Pieta, die früher coloriert war, dann im Krieg stark gelitten
hatte, nach ihrer Restaurierung hinten in der Kirche wieder aufgestellt.
Da beim Wiederaufbau der Kirche das Geld ausgegangen war, konnte die Verkleidung der Holzdecke in der jetzigen Form erst Januar / Februar 1955 erfolgen. Im gleichen Jahr geht ein weiterer lang gehegter Wunsch in Erfüllung: eine neue Orgel. Jahrelang hatte man gespart und gesammelt, 7000 DM waren jetzt zusammen, dennoch viel zu wenig.
Darum nahm P. Guardien sich der Angelegenheit an. Er schrieb an P. Provinzial. Er hob
die Verdienste des Organisten und Dirigenten Josef Deitmer hervor, der sich einige Jahrzehnte hier selbstlos eingesetzt habe, und machte, um neuen Einsatz zu wecken, folgenden Vorschlag: der Chor soll sehen, daß er 10000 DM zusammenbekommt, dann werde das Kloster auch 10000 DM dazutun. Nun wurde die Orgelbaufirma Ernst Seifert beauftragt, eine Orgel mit 24 Registern zu bauen. Bezüglich der Nebenleistungen wurde zwischen Kirchenchor und Kloster vereinbart: Der Chor übernimmt die Fahrten, die Elektroanschlüsse und Maurerarbeiten, das Kloster die Materialkosten, so wie Kost und Logis der Orgelbauer vor Ort. Am Ende kostet die Orgel 23000 DM. Die Mehrkosten und soweit der Kirchenchor kann von diesem mit aufgebracht. Am 20.11., dem Fest der Heiligen Elisabeth, wird die neue Orgel in einer Festmesse (Schöpfungsmesse von Haydn) eingeweiht.
Die Kirche war nun soweit fertig, aber es fehlten noch immer eigene Pfarramtsräume,
denn als Anlaufstelle dienten bislang nur die Sprechzimmer des Klosters, die mitbenutzt werden durften. Sommer 1956 wird unter Verlust eines Sprechzimmers ein eigener seitlicher Treppenaufgang gelegt, der obere Stock an der Stelle der jetzigen Zwischentür durch eine Mauer vom übrigen Kloster abgetrennt. Zum ersten Mal erhalten Kloster und Pfarrgemeinde vom Bistum einen Zuschuß. Alle früheren Kosten: der Bau der Kirche, der Wiederaufbau nach dem Krieg sowie der Bau und Wiederaufbau des Raphaelsheimes waren bis dahin allein aus Spenden der Bevölkerung und Zuschüssen des Ordens finanziert worden.
Das zweite Vatikanische Konzil brachte auch hier vor Ort vieles in Bewegung: War es
1920 der Fortfall der alten preußischen Staatsgesetze gewesen, durch den es erst möglich geworden war, ein seelsorgerlich selbständiges Pfarrektorat unter der Leitung von Ordensleuten zu errichten, so kam jetzt – mit dem Konzil – innerkirchlich eine spürbar deutlichere Kooperation zwischen den Orden und den Bistümern in Gang. Ein erstes Zeichen dafür war die großzügige finanzielle Hilfe des Bistums bei den umfangreichen Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen an Kloster und Kirche in den Jahren 1962-1965.
In dieser Zeit bekam die Kirche eine neue Heizung (Warmluft), der Altarraum wurde
umgestaltet nach den Erfordernissen der Liturgiereform. Der Chorraum hinter dem Altar (heute Werktagskapelle) mit Bibliothek und neuem Glockentürmchen wurden von Grund auf erneuert und das Kirchengebäude rundum neu verklinkert. Die Kirche erhielt einen neuen Innenanstrich und eine Lautsprecheranlage.
Der Klosterfriedhof wurde aus dem hinteren Garten neben die Kirche verlegt. An der
Außenfassade der Kirche entlang entsteht der Mosaik-Kreuzweg aus der Hand des Künstlers Albert Sögtrop.
Weitere Werke dieses Künstlers sind 1967 der Altar und der Tauf-
stein in der St. Konrads-Taufkapelle, sowie 1969 das Mosaikkreuz und die bunten Glasfenster dahinter.
1974 erhält nach langem Drängen der Klosterfamilie die Kirche einen stabilen Voraltar
aus grünem Bergamo-Marmor, ( der steht jetzt im ehemaligen Klostergarten) ein preisgünstiger Kauf aus der Kapelle des still gelegten
Städtischen Krankenhauses in Werne a.d.L..
Inzwischen haben sich aber auch noch andere nachkonziliäre Entwicklungen getan. Vom Geist des Aggiornamento erfaßt, öffnet das Kloster seine Garten- und Hauspforten immer
mehr und wandelt sich zu einer lebendigen Stätte der Begegnung. Angeregt von der Idee
längerer Predigtreihen mit dem Ziel der Verbreitung der Theologie des Konzils, bringt sich der ganze Konvent in die Verkündigung mit ein und feiert an Hochfesten als Gemeinschaft den Gottesdienst mit der Gemeinde. Mit Rücksicht auf die älteren Mitbrüder wird darum die Mitternachtsmette 1968 zum ersten Mal auf 22 Uhr vorverlegt.
Auch die Theologie vom allgemeinen Priestertum der Laien bringt neue Impulse.
Mit der ersten Wahl am 17. März 1968 erhalten die Gemeinden einen Pfarrgemeinderat, der künftig die Geschicke und Geschehnisse in den Gemeinden entscheidend mitbestimmen und mittragen soll. Das zeigt sich denn auch schon nach kurzer Zeit. Anläßlich des Firm und Visitationsbesuchs von Bischof Pohlschneider im Frühjahr 69 fordert der Pfarrgemeinderat energisch die Erhebung der Pfarrvikarie zur vermögensrechtlich selbständigen Pfarrei und die Mittel zur gründlichen Instandsetzung des Pfarrheims, mit dem Erfolg: Anfang 71 wird St. Elisabeth selbständige Pfarrei, das Raphaelsheim wird modernisiert und erhält den Seitentrakt mit Garderoben und Toiletten. Im Frühjahr wählt die Pfarrei, wie es sich
für eine selbständige Gemeinde gehört, ihren eigenen Kirchenvorstand und erreicht damit die volle Entscheidungs-Unabhängigkeit von der Mutterpfarrei St. Anna.
Dieser Zuwachs von Mitbestimmungsrechten führte zu keiner Zeit zu örtlichen Konflikten mit dem Kloster, im Gegenteil, das einvernehmliche Miteinander trat im Geist gemeinsamer Verantwortung noch mehr zutage und bahnte neue Wege zu mehr Einigkeit am Inrath: das Kinderfest, den Kinderkarneval, bei denen man sich näher kam, die Einladungen ins Gotteshaus und Kloster bei den großen Festen, die Vereinsgottesdienste und die Möglichkeit, im Heim zu feiern, ob kirchlicher oder weltlicher Verein, und jetzt, diese Festschrift, an der mitzuschreiben wir alle eingeladen haben.
Wir haben einen Mittelpunkt, von dem aus der Geist des guten Wollens immer neue
Nahrung findet, da sie unerschöpflich ist wie Gott selbst, den wir hier in unserem Gotteshaus immer neu als Gott mit uns und in seinem Sohne Jesus Christus als Bruder, Freund und Diener zum Heile aller in unserer Mitte wissen und anbeten. Er war und ist sich für uns Menschen zu nichts zu schade, versuchen wir, es ihm nachzutun, und wir erleben, daß auch heute Dinge möglich sind, die wir manchmal etwas vorschnell nicht für möglich halten.
Wer hätte gedacht, als 1986 der Holzwurm im Gebälk der Kirche nagte, daß innerhalb
von wenigen Monaten 47000 DM an Spenden zusammenkommen würden, um ihn zu
vertreiben, nie hätte ich gedacht, daß wir beide Seelsorger 1989 zu unserem Jubiläum so großzügig beschenkt würden, um davon eine so große Figur der Heiligen Elisabeth schnitzen lassen zu können. Und 1991 erbarmte sich eine Wohltäterin des Volkes und schenkte die elfeinhalbtausend Mark für die Polsterung der Kirchenbänke.
Auch wurde die Kirche in den letzten 30 Jahren dreimal innen neu gestrichen, und wir sind immer noch nicht pleite, im Gegenteil. Auf das Volk Gottes ist Verlaß, darum haben wir es auch nicht verlassen, als es unausweichlich schien und uns eine schwierige Entscheidung auferlegte.
Nachwort
Liebe Leser!
Es mag sein, daß die Beschreibung der 100-jährigen Geschichte unseres Gotteshauses Mängel und Lücken aufweist, einiges zu lang anderes zu knapp zu Wort kommt, oder gerade die Darstellung der jüngeren Geschichte abschweifig wirkt. Aber mein Bemühen war es, gerade nicht nur eine Baugeschichte zu schreiben, sondern auch eine damit verbundene Glaubensgeschichte kenntlich zu machen. Ob dies gelungen ist, mag dahingestellt sein. Was die ersten 7 Jahrzehnte betrifft, habe ich mich fast durchweg wortwörtlich an die Einträge des Chronisten gehalten, die spätere Zeit aus eigenem Erinnern niedergeschrieben. Auch ist die Geschichte der Kirche enger mit der des Klosters und der Kapuziner verknüpft, als es hier Ausdruck fand. Aber auch das ist mit einigem Bedacht geschehen. Zum einen haben die jüngsten Ereignisse so viele Wunden gerissen, an die ich nicht zu viel rühren wollte, zum anderen gilt es stärker als vorher, das in den Blick zu nehmen,
was außer dem Bestehen des Klosters sonst noch alles in den letzten 100 Jahren das Leben und die Entwicklung unserer Gemeinde rund um die Kirche herum kennzeichnet.
Denn diese Geschichte geht weiter, während die des Klosters oft beschrieben und mit dem Jahr 1993 zu ende geschrieben ist. Ein Jubiläum ist nicht nur Rückbesinnung auf
Vergangenes, sondern läßt immer auch an die Zukunft denken, und darauf hoffen,
daß es im Guten weitergehen wird.
Die Kirche ist im Dorf geblieben und das Dorf ist immer mehr
eigenverantwortliche Kirche geworden und ist damit keineswegs am Ende, sondern in Bereitschaft, die Herausforderungen aufzunehmen, die der Verlust des Klosters an sie
stellt. Das sind wir unseren Vätern schuldig die uns diese Kirche und unseren Glauben
geschenkt haben; das sind wir unseren Kindern schuldig, die diese Kirche und unseren Glauben brauchen, um in dieser ausgebrannten Zeit ihre Zukunft in einem Licht zu sehen, das ihnen kein Irdischer auszulöschen vermag. Packen wir es an!
P. Julius Vogt 1992
Pater Julius Vogt verließ 2014 als letzter ehemaliger Kapuziner die Gemeinde .
Er wurde in seiner Heimatgemeinde Ödsbach im Schwarzwald bestattet.
Die Kirche wurde 2016 Teilendwidmet dann zur Grabeskirche umgebaut
und 2018 eröffnet.
Das Klostergebäude wurde 2018 abgerissen.
Das Ende eine langen Geschichte.