Die Karnevalszeit ist vorbei und den Berichten über den Karneval am Inrath soll noch
ein Bericht aus vergangenen Zeiten hinzugefügt werden. Ein Zentrum des Karnevalstreibens am Inrath war das Haus Greiffenstein (Inratherstraße 729), das über nahezu zweihundert Jahre ein wichtiger Ort nicht nur des karnevalistischen Geschehens am unteren Inrath war.
Über einen alten Brauch, der dort gepflegt wurde, erregte sich 1816 zum wiederholten
Male die Obrigkeit. In einem Schreiben des Kreisdirektors an die Bürgermeister des
Crefelder Kreises heißt es:
„In einigen Gegenden des Crefelder Kreises herrscht der alte höchst schädliche
und unmenschliche Gebrauch des sogenannten Gänsereitens noch, ein Fest,
was mit zu den Karnevalsbelustigungen gehört, und darin besteht, dass man
eine Gans lebendig an die Beine aufhängt, ihren Hals mit Seife bestreicht,
und demnächst im strengsten Galopp zu Pferde dem geängstigten Tiere den Hals
lebendig abzureißen versucht, um sich das Recht König zu werden dadurch zu
erwerben“.
Dieser Brauch war schon in der Vergangenheit immer wieder verboten worden;
allerdings ohne dass man den Anordnungen der Obrigkeit Folge leistete.
Im Mittelpunkt der Kritik des Kreisdirektors stand jedoch nicht so sehr die geschundene Kreatur, die auf so schändliche Art und Weise vom Leben zum Tod befördert
wurde, sondern die zahlreichen Unglücksfälle, die durch das schnelle Galoppieren
der jungen Leute entstanden, „deren Köpfe gewöhnlich von hitzigen Getränken
schwindelten“.
Der Forderung der Obrigkeit wurde am Inrath letztlich doch noch Rechnung getragen.
Im Haus Greiffenstein wurde die Gans nun auf dem Hof zwischen zwei Bäumen kopfunter in einen trichterfömigen Korb gehangen und die Teilnehmer mussten mit verbunden Augen versuchen, dem zuvor getöteten Tier mit einem Holzschwert den Kopf abzuschlagen.
Wem es gelang konnte das Tier sein Eigen nennen und der weiteren Verwendung als Gänsebraten zuführen.
Dieser modifizierte Brauch (dat Jaasköppe) wurde bis in die sechziger Jahre
des letzten Jahrhunderts dort ausgeübt. An einem hatte sich allerdings nichts geändert. Wie heute noch lebende Zeitzeugendem Chronisten versicherten, schwindelten
die Köpfe der Teilnehmer genauso wie in den Jahrhunderten zuvor.
Horst Steimel
Quelle: Inrath Report Ausgabe 1/2007 BV-Inrath